Erwachsene Opfer
Personen, die durch eine – vorsätzlich begangene – Straftat Opfer körperlicher/sexualisierter Gewalt oder gefährlicher Drohung geworden sind, und bestimmte Angehörige von Personen, die durch eine Straftat getötet worden sind, können unter gewissen Voraussetzungen kostenlose psychosoziale und juristische Prozessbegleitung in Anspruch nehmen. Durch das Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes am 1. Jänner 2008 wurden die Opferrechte im Strafverfahren erheblich ausgebaut und das Opfer erhielt dadurch eine wesentlich stärkere Position. So kann es sich im Strafverfahren vertreten lassen, es kann Akteneinsicht nehmen und ist vor seiner Vernehmung über seine wesentlichen Rechte und im weiteren Verlauf über den Fortgang des Verfahrens zu informieren. Bei Bedarf ist ihm Übersetzungshilfe zu gewähren. Weiters darf das Opfer an bestimmten Vernehmungen von Zeuginnen/Zeugen und Beschuldigten sowie an Befundaufnahmen und Tatrekonstruktionen teilnehmen. Es darf während der Hauptverhandlung Zeuginnen/Zeugen, Sachverständige etc. befragen und im Falle einer Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft unter bestimmten Voraussetzung dessen Fortführung beantragen.
Einer der wichtigsten Punkte ist jedoch die Möglichkeit der Prozessbegleitung. Personen, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt (z. B. Körperverletzung) oder gefährlicher Drohung ausgesetzt oder in ihrer sexuellen Integrität (z. B. durch Vergewaltigung, sexuellen Missbrauch) beeinträchtigt worden sein könnten, und bestimmte Angehörige von Personen, deren Tod durch die Straftat herbeigeführt wurde, und die die Tat beobachtet haben, können diese Unterstützung in Anspruch nehmen. Prozessbegleitung besteht aus zwei Komponenten, der psychosozialen und der juristischen Prozessbegleitung. Die psychosoziale Prozessbegleitung umfasst die Vorbereitung auf das Verfahren und die damit verbundenen emotionalen Belastungen sowie die Begleitung zu Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht. Juristische Prozessbegleitung beinhaltet die rechtliche Beratung und Vertretung im Strafverfahren durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin. Opfer, die Anspruch auf Prozessbegleitung haben, müssen bereits beim ersten Kontakt mit der Polizei oder dem Gericht darauf aufmerksam gemacht werden.
Seit 1. Juni 2009 gibt es auch die Möglichkeit der psychosozialen Prozessbegleitung im Zivilverfahren (z. B. Schmerzengeldanspruch), wenn dieses in einem engen Zusammenhang zum Strafverfahren steht, in dem das Opfer bereits Prozessbegleitung in Anspruch genommen hat.
Prozessbegleitung für (weibliche und männliche) Opfer häuslicher Gewalt ab 16 Jahren bietet das Gewaltschutzzentrum Tirol an; weiters die Frauen- und Mädchenberatungsstelle Evita sowie der Verein Frauen gegen Vergewaltigung (beide nur für weibliche Opfer). Prozessbegleitung für Kinder und Jugendliche bieten das Kinderschutzzentrum sowie die Erziehungsberatungsstellen an, für männliche Jugendliche auch die Männerberatung.