Strafrecht
Muss man immer eine Anzeige erstatten?
Es ist ein Recht, dass jede/r eine Strafanzeige erstatten kann, wenn er/sie Kenntnis von einer strafbaren Handlung erhält, allerdings besteht im Allgemeinen keine Pflicht dazu.
Anzeigepflicht besteht bei Behörden, wenn diese dienstlich Kenntnis von strafbaren Handlungen erlangen. Ausnahmeregelungen gibt es nur in dem Bereich, in dem die Anzeige die amtliche Tätigkeit beeinträchtigt, sowie u. U. bei Ärztinnen/Ärzten und Pflegepersonen
Wo kann man eine Anzeige erstatten?
Bei jeder Polizeidienststelle oder direkt bei der Staatsanwaltschaft.
Wie lange kann eine Anzeige unterbleiben?
Die Anzeige kann so lange unterbleiben, als dies das Wohl der/des Minderjährigen erfordert, allerdings muss unbedingt eine Meldung des Arztes/der Ärztin an den Jugendwohlfahrtsträger erfolgen. Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflege sind zur Meldung an den Jugendwohlfahrtsträger verpflichtet, nicht jedoch zur Anzeige an die Sicherheitsbehörde.
Kann man sich bei einer Polizeidienststelle informieren, ob man eine Anzeige erstatten soll?
Nur eingeschränkt, da Behörden verpflichtet sind, strafbare Handlungen, von denen sie dienstlich Kenntnis erlangen, anzuzeigen.
Wo kann man sich informieren?
Bei allen Opferschutzeinrichtungen oder evtl. auch beim (wöchentlichen) Amtstag im Gericht kann man sich über seine Rechte informieren; weiters im Internet oder bei der kostenlosen Rechtsberatung („erste anwaltliche Auskunft“) der Rechtsanwaltskammern.
Was sind Offizialdelikte?
Diese Delikte, dazu gehören fast alle strafbaren Delikte, werden von Amts wegen verfolgt. Die Involvierten (Anzeiger/in, potenzielle Opfer und Täter/in) haben keinen Einfluss darauf, ob die Tat weiterverfolgt wird oder nicht bzw. wie ermittelt wird. Das Ermittlungsverfahren wird von der Staatsanwaltschaft, welche zur Objektivität verpflichtet ist, geleitet.
Kann man eine Anzeige wegen Körperverletzung wieder zurückziehen?
Nein. Bei einer Körperverletzung handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass der/die Anzeiger/in nach Erstatten der Anzeige keinerlei Einfluss auf den Fortgang der Ermittlungen und inwieweit die Tat weiterverfolgt wird, hat. Die Staatsanwaltschaft übernimmt die Verfolgung gerichtlich strafbarer Handlungen und entscheidet über die weiteren Ermittlungen und Verfahrensweisen.
Wann spricht man von einer Körperverletzung?
Die Definition der Körperverletzung basiert auf der Regelung des § 83 StGB. Der Täter verursacht eine Verletzung oder Gesundheitsschädigung. Verletzungen sind Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit, die nicht ganz geringfügig sind. Geringfügig sind nach der Rechtsprechung Beeinträchtigungen, die bloßes körperliches Unbehagen hervorrufen, wobei die Abgrenzung zur Geringfügigkeit umstritten ist. Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit, die das Hervorrufen von körperlichen Schmerzen bewirken, werden aber einheitlich als nicht mehr geringfügig angesehen. Körperverletzungen sind z. B. Verstauchungen, Schwellungen, Brüche, Wunden, Zahnlockerungen.
Was versteht man unter einem Gesundheitsschaden?
Gesundheitsschäden sind z. B. Infektionen mit Hepatitis, HIV, Salmonellen etc., Vergiftungen, etwa durch Medikamente, Gase usw., Schockzustände …
Was versteht man unter einer schweren Körperverletzung?
Schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung ist definiert in § 88 Abs. 4 StGB und ist mit einer höheren Strafe bedroht. Beispiele dafür sind: Darmperforation, Schlüsselbeinbruch, Eröffnung großer Blutgefäße, langandauernde Verunstaltungen, anhaltende Lähmungen, Hirnschäden, Nasenbeintrümmerbruch ...
Weiters fällt darunter eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit.
Was ist eine Körperverletzung, was ist eine schwere Körperverletzung?
Die Definition der Körperverletzung basiert auf der Regelung des § 83 StGB. Der Täter verursacht eine Verletzung oder Gesundheitsschädigung.
Verletzungen sind Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit, die nicht ganz geringfügig sind. Geringfügig sind nach der Rechtsprechung Beeinträchtigungen, die bloßes körperliches Unbehagen hervorrufen, wobei die Abgrenzung zur Geringfügigkeit umstritten ist. Burgstaller/Fabrizy sehen die Grenze beim Hervorrufen von bloßem körperlichen Unbehagen wie dem Abschneiden der Haare, während Lewisch oder Zagler auch minimale Hautabschürfungen oder ein leichtes und kurzes Nasenbluten als geringfügig ansehen.
Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit, die das Hervorrufen von körperlichen Schmerzen bewirken, werden aber einheitlich als nicht mehr geringfügig angesehen. (1)
Gesundheitsschädigungen sind entweder Folgen einer Verletzung, die der Täter dem Opfer zugefügt hat, oder Krankheiten, die der Täter beim Opfer herbeigeführt oder verschlimmert hat. (1) Die Ansteckung mit einer Krankheit ist eine Gesundheitsschädigung, auch wenn die Krankheit erst später ausbricht, wie zum Beispiel HIV (Aids) oder Hepatitis. (1) Der Gesetzgeber hat diese Form der Gesundheitsschädigung zusätzlich durch §§ 178, 179 StGB unter Strafe gestellt.
Das Zufügen von seelischen Leiden ist ebenso nach § 83 Abs 1 StGB strafbar, wenn an dessen „Krankheitswert“ nicht zu zweifeln ist.
Eine schwere Körperverletzung gem. § 84 StGB liegt vor, wenn eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit aus der Tat folgt oder die Verletzung an sich schwer ist. An sich schwer ist eine Körperverletzung dann, wenn ein wichtiges Organ oder ein wichtiger Körperteil betroffen und der Heilungsverlauf ungewiss ist. Die Berufsunfähigkeit wird über die Erfüllung der sozialen Pflichten definiert. Eine Gesundheitsschädigung liegt vor, solange erhebliche Schmerzen oder wesentliche Beschränkungen der Bewegungsfreiheit auftreten.
Dauerfolgen gemäß § 85 StGB liegen vor, wenn das Opfer durch die Körperverletzung schwere Schäden erfährt, an denen es für lange, unabsehbare Zeit leidet.
Zu beachten ist die Unterscheidung zur Misshandlung: Eine Misshandlung ist jede unangemessene Behandlung eines anderen, die das körperliche Wohlbefinden beeinträchtigt. Unter Vernachlässigung versteht man die Fälle der Verletzung der Fürsorge- und Obhutspflicht, die zu einer beträchtlichen Schädigung der Gesundheit und/oder der körperlichen und geistigen Entwicklung führen können. Unter den Begriff des sexuellen Missbrauchs fallen im juristischen Sprachgebrauch alle geschlechtlichen Handlungen mit einer/einem Minderjährigen (oder einer volljährigen Person, die ihre Interessen nicht selbst wahrnehmen kann), mitunter auch Entblößungen, Berührungen und Betastungen. (2)
Literatur:
(1) Vgl. Bertel C., Schwaighofer K.: Österreichisches Strafrecht: Besonderer Teil I. Wien: Springer, 2004, S. 27 f.
(2) Vgl. Aigner G., Kletecka A., Kletecka-Pulker M., Memmer M. (Hrsg.): Handbuch Medizinrecht für die Praxis. I. Wien: 2008, S. 211 ff.