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Einführung

 

Die Familie sollte für das Kind ein Ort der Geborgenheit sein. Sie ist eine Lebensgemeinschaft, in der das Kind Liebe und Fürsorge erfahren sollte. Das Kind darf voller Vertrauen die Erfüllung seiner Bedürfnisse erwarten. Die Familie ist der Mittelpunkt seiner Lebenserfahrung und stellt somit einen wesentlichen – wenn nicht den größten – Einflussfaktor auf die soziale Entwicklung des Kindes dar.

Findet Gewalt in der Familie statt, so ist diese basale Funktion, die eine Familie kennzeichnen sollte, nicht vorhanden. Vertrautheit, Sicherheit, Nähe und Liebe sind für das Kind nicht erlebbar. Dabei macht es keinen wesentlichen Unterschied, ob das Kind direkt oder indirekt von Gewalt betroffen ist. Auch wenn es Gewalt nicht am eigenen Körper erfährt, so leidet es mit, wenn es Augenzeuge von Drohungen und Misshandlungen – insbesondere einer Bezugsperson gegenüber – ist. Wiederkehrende traumatische Erlebnisse stellen einen Risikofaktor für psychopathologische Erkrankungen dar und können das Kind in seiner weiteren Entwicklung beeinträchtigen. Sozialwissenschaftliche Forschungsergebnisse (1) stellen auch einen Zusammenhang zwischen Gewalterfahrung in der Kindheit und der späteren Gewaltausübung als Erwachsener her. Unverarbeitete Erlebnisse in der Kindheit können ein Grund dafür sein, im Erwachsenenalter ähnliche Gewalthandlungen zu setzen.

Ziele:

… eine Gewalteinwirkung erkennen, auch wenn sie nicht thematisiert bzw. sogar verleugnet wird
… „Brücken bauen“ zu Kinderschutzorganisationen (Kinderschutzgruppe u. dgl.), um dem Kind Sicherheit und Schutz zu geben
… eine sensible Vorgangsweise anwenden bei Verdachtsfällen, um für das betroffene Kind die beste Lösung zu finden
… ein Netzwerk zum Wohle des Kindes gestalten


Formen der Gewalt an Kindern:

Psychische Gewalt
… durch das Miterleben von Gewalthandlungen, Konflikte der Bezugspersonen, Drohungen, Einschüchterungen, abwertende Äußerungen, Ablehnung, Bevorzugung eines Geschwisters, Isolation …

Verwahrlosung und Vernachlässigung
… durch ungenügende Befriedigung von physischen Bedürfnissen (keine den Jahreszeiten angepasste Kleidung, Mangelernährung, unzureichende Körperpflege, liegen lassen in verschmutzten Windeln, keine Beaufsichtigung, mangelnder Schutz vor Gefahren, fehlende gesundheitliche Fürsorge etc.) und/oder psychischen Bedürfnissen (mangelnde Zuwendung, fehlende Anregung und Förderung hinsichtlich emotionaler, motorischer, geistiger und sozialer Fähigkeiten, wechselnde Bezugspersonen ...) (2)

Physische Gewalt
… durch Schläge mit der Hand oder Gegenständen, schütteln, gegen die Wand schleudern, verbrennen mit Zigaretten, verbrühen durch heißes Wasser, baden im kalten Wasser, einklemmen in Türen oder Autofensterscheiben, würgen … (2)

Sexueller Missbrauch
… durch Einbeziehung in bzw. Zwang zu sexuellen Handlungen, wobei die Liebe und Abhängigkeit des Kindes ausgenutzt wird, um die sexuellen Bedürfnisse des Missbrauchers zu befriedigen (3)

 

Literatur:

(1) Vgl. Hirigoyen M.-F.: Die Masken der Niedertracht. Seelische Gewalt im Alltag und wie man sich dagegen wehren kann. München: dtv, 2000.
(2) Deegener G.: Formen und Häufigkeiten der Kindesmisshandlung. In: Deegener G., Körner W.: Kindesmisshandlung und Vernachlässigung. Ein Handbuch. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle, Oxford, Prag: Hogrefe Verlag, 2005.
(3) Deegener G.: Kindesmissbrauch. Erkennen, Helfen, Vorbeugen. 3. Auflage. Weinheim, Basel: Beltz Verlag, 2005.