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Interview mit Frau Mag. Angela Federspiel, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Tirol

Im Interview vom 12 April 2012 berichtet Frau Mag. Federspiel von ihren Erfahrungen im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit am Ausbildungszentrum West für Gesundheitstberufe der TILAK GmbH (AZW). Sie unterrichtet dort "Gewaltschutz"-ein schwergewichtiges Thema. Dabei geht es vor allem um den richtigen Umgang mit gewaltbetroffenen PatientInnen.
Interview mit Frau Mag. Angela Federspiel, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Tirol

Mag. Angela Federspiel


 

Zeitlicher Rahmen/Umfang der Lehrtätigkeit: Seit wann besteht der Lehrauftrag

Seit Februar 2011 arbeite ich im Auftrag des Ausbildungszentrums West (AZW) für Gesundheitsberufe, Innsbruck mit Auszubildenden in unterschiedlichen Pflegeberufen. Das Thema „Gewaltschutz“ ist in das Unterrichtsfach Kommunikation integriert. Bislang hatte ich mit Studierenden der Pflegehelfer/innen Ausbildung, der Diplomkrankenpflege wie der Fachhochschule zu tun. Vorwiegend nehme ich Frauen in allen Pflegeberufen wahr. Eine der letzten Klassen einer Sonderausbildung für Kinder- und Jugendlichenpflege war ausschließlich weiblich besetzt.

 

Welche Inhalte werden von Ihnen unterrichtet? Gibt es theoretische und auch praktische Teile? Gibt es Raum für selbstreflexive Einheiten und Rollenspiele? Wenn ja, wie läuft das ab?

Mein Unterrichtsthema ist der Gewaltschutz. Dieses „schwergewichtige“ Thema muss durch unterschiedliche Methoden der Vermittlung präsentiert werden. Es gibt hier ein Hintergrundwissen, das auch die Studierenden der Gesundheitsberufe mittlerweile elektronisch abrufen können, beispielsweise über die Homepage www.diagnose-gewalt.eu und es gibt dazu ein Grundwissen, was kann ich tun, wenn ich von Gewalt erfahre und/oder damit konfrontiert bin. Wichtig ist mir eine Methodenvielfalt, also sowohl Filme, Literatur und Rollenspiele jeglicher Art in den Unterricht mit einzubauen.

 

Was wissen die Studierenden  bereits über dieses Thema?

Sobald ich einen Überblick gebe, was mit Gewalt im sozialen Nahbereich gemeint ist, hat ein Großteil zumindest davon gehört, es gibt jedoch auch direkte Betroffenheiten. Interessant für den Unterricht sind Beispiele von Gewaltanwendungen, die die Studierenden beispielsweise durch ihre Tätigkeit beim Roten Kreuz oder einer anderen Blaulichtorganisation einbringen.

 

Gibt es Bereiche, wo ein erhöhter Fragebedarf, ein besonderes Interesse bestand? Wenn ja, welche? Waren Informationen bereits bekannt?

Ja, wie verhalte ich mich gegenüber einer gewaltbetroffenen Person, welche Hilfestellung kann ich anbieten, wie führe ich ein Gespräch. Auch die Unterscheidungen wer ist betroffen. Sind es erwachsene Personen oder Kinder.

 

Gab es besondere Reaktionen der Schüler bei bestimmten Themen? Gab es Betroffene von häuslicher Gewalt bzw. äußerten Schüler/Schülerinnen, dass sie mit dem Thema in Berührung gekommen sind (privat, im Beruf, im Rahmen von Praktika)? Wenn ja, erzählten sie vom Umgang der Betroffenen und deren Umfeld?

Unterschiedliche Lehrmittel können unterschiedliche Reaktionen bei den Studierenden auslösen. Sehr wichtig ist es mir, ihre Aufmerksamkeit zu schulen, nicht zu interpretieren, sondern wahrzunehmen, was habe ich gesehen, mit wem kann ich das besprechen. Wen von meinen Vorgesetzten informiere ich darüber, was habe ich für Pflichten? Praktische Beispiele, die von den Studierenden berichtet werden, eigenen sich gut zu besprechen, wie verhalte ich mich in einem Fall sowohl gegenüber einer gewaltbetroffenen Person als auch, wenn ich Gewalt von einem Patienten/von einer Patientin erfahre?

 

Gab es Besonderheiten? Fanden gewisse Lehrbereiche besonderes Interesse oder auch besondere Zustimmung? Gab es Bereiche, bei welchen eine Ablehnung (mitunter von Verleugnung) spürbar war?

Es ist mir wichtig, den Studierenden die systemischen Zusammenhänge häuslicher Gewalt zu vermitteln. Wenn ich Interesse zeige, etwas über die Gewalt an Kindern zu erfahren, muss ich mich mit der Gewalt an Frauen beschäftigen. Ich brauche Informationen dazu, welche Auswirkungen kann das auf die Kinder haben, welche gesundheitlichen Folgeerscheinungen können bei Kindern auftreten. Das Thema der häuslichen Gewalt und das beinhaltet auch die Gewalt an Kindern, ist kein einfacher Unterrichtsstoff und soll, wie ich inzwischen meine, nicht mehr als 1-2 Unterrichtseinheiten pro Tag umfassen. Das Gehörte, Gesehene, Erfahrene, muss von den Studierenden ja auch reflektiert werden können.

 

Gab es Unterschiede hinsichtlich des Interesses oder der Reaktionen bei weiblichen und männlichen Schülern/Schülerinnen?

Das Interesse ist insgesamt hoch wenn auch nicht immer hundert prozentig. Aufgefallen ist mir, dass männliche Studierende ihr Entsetzen, ihre Wut, ihre Betroffenheit deutlich mehr verbalisieren.

 

Persönliche Eindrücke aus der Lehrtätigkeit?

Zur fachlichen Qualifikation im Pflegeberuf gehört ein Wissen über Gewalt im sozialen Nahbereich. Wie wir wissen, wendet sich eine ungleich höhere Zahl von durch häusliche Gewalt verletzten Personen insbesondere an die öffentlichen Krankenhäuser. Mein Ziel ist es, den Studierenden soviel Information zum Thema Gewaltschutz mitzugeben, dass sie wissen, wie werde ich aufmerksam. Was ist zu tun, wo kann ich Informationen für mich aber auch Unterstützung für eine gewaltbetroffene Patientin/einen gewaltbetroffenen Patienten bekommen!